E5 Oberstdorf-Meran: Wichtige Überlegungen für die Tourenplanung

Ich bekomme regelmäßig Rückfragen zur Tourenbeschreibung meiner Alternativroute zum klassischen E5 Oberstdorf-Meran. Manchmal sind es konkrete Fragen zu bestimmten Passagen oder zur Hüttensituation. Manchmal sind es aber auch ganz grundsätzliche Fragen zum Wandern in den Bergen, aus denen  hervorgeht, das es dem Fragesteller noch an eigener Bergerfahrung mangelt.

Solotour vs. Gemeinsame Tour  vs. Geführte Gruppe mit Bergführer: Was kann ich mir zutrauen und was besser nicht?

Kein Problem! Irgendwann ist immer das erste Mal und es ist keine Schande, wenn man noch nie in den Bergen wandern war. Nur sollte man sich ernsthaft Gedanken machen, ob es das Richtige ist, gleich mit einer Alpenüberquerung zu beginnen. Und wenn man zu dem Schluss kommt, dass man sich das trotzdem zutrauen würde, sollte man zumindest überlegen, ob man sich nicht doch erst mal auf die Normalroute begibt und unter Leitung eines erfahrenen Bergführers sein Abenteuer in halbwegs sicherem Umfeld erlebt.

Wer sich auf eigene Tour begibt – besonders, wenn man Solo, also auch ohne Wanderpartner unterwegs ist – setzt sich anderen Gefahren aus und ist umso mehr darauf angewiesen, Situationen am Berg, Wetterentwicklungen, die eigene Kondition und – vor allem – die eigene Psyche einschätzen zu können.

Zwei wichtige Faktoren: Erfahrung und Selbsteinschätzung

Es gibt Menschen, die sind topfit und sehr belastbar, geraten aber in eine nie dagewesene Stressbelastung, wenn sie das erste Mal an einem schmalen Steig in den Abgrund blicken oder in mehr oder weniger unbefestigtem Gelände einen Murenabgang oder ein Firnfeld queren müssen. Höhenangst ist nichts, dem man mal eben mit rationalen Argumenten beikommt und wenn sie an einer Stelle aus dem Nichts auftaucht, an der die Frage „weiter rauf oder lieber wieder runter“ in beiden Richtungen zur Wahl zwischen Pest und Cholera wird, dann kann sie zu einer lebensbedrohlichen Gefahr werden.

Diesen Anblick sollte man schon abkönnen: Für geübte Bergwanderer ist der Abstieg nach Vernagt keine große Herausforderung aber mit Höhenangst kann er schnell zum Problem werden.

Ebenso ist eine plötzlich umschlagende Wettersituation, die nicht rechtzeitig bemerkt wurde, kein Vergnügen und ein heftiges Gewitter in ausgesetzter Lage im Hang oder gar an stahlseilversicherten Stellen kann auch mal richtig gefährlich werden. Auch weniger nahe liegende Gefahren wie Steinschläge durch Wild, gefährliche Wegsituationen, aufkommender Nebel oder plötzliche Flutungen in Bachläufen nach einem Regen kann ein erfahrener Bergwanderer sehr viel besser vorhersehen und einschätzen als jemand, der nur hin und wieder in den Bergen unterwegs ist. Wer noch nie am Berg wandern war, sollte unbedingt erst mal mit kleineren Touren seine Erfahrungen sammeln. Es gehört zum Bergwandern dazu, neue Situationen zu meistern und dadurch seine eigenen Fähigkeiten zu erweitern aber um mal einen Vergleich aus einer anderen Sportwelt heranzuziehen: Wenn ich das erste Mal auf Skiern stehe, fahre ich auch nicht gleich auf die schwarze Piste, sondern übe erst mal in flacherem Gelände.

Wie steht es um meine Fitness?

Für die Alpenüberquerung via Oberstdorf-Meran – egal ob Normalroute oder die hier beschriebene Variante – muss man kein Hochleistungssportler sein aber man sollte eine brauchbare Fitness mitbringen, sich selber einschätzen können und wissen, wie sich der eigene Körper bei längeren Touren mit größeren Höhenunterschieden verhält. Das gilt nicht nur für die Muskulatur, sondern auch für die Gelenke und den Kreislauf. Wer nicht in den Bergen lebt, sollte sich zumindest mit Wandertouren in vergleichbaren Tagesdistanzen auf die Wanderung vorbereiten und dabei bewusst machen, das zur Distanz dann in den Alpen auch noch die Steigung hinzukommt.

Lieber auf Nummer „Sicher“ gehen!

Wer bei diesen Gedanken zur Tourenplanung merkt, dass er doch so einiges bisher nicht in Erwägung gezogen hat. sollte sich vielleicht überlegen, ob es nicht erst mal ein kleinere Hüttentour oder ein Bergwanderurlaub mit Hotel sein darf oder ob man sich wenigstens doch in die Hände eines professionellen Bergführers begeben sollte. So schön es ist, diese grandiose Reise in Eigenregie anzugehen, oberstes Gebot ist es immer, sich möglichst nicht unnötig in Gefahr zu begeben!

Kleine Rast im Aufstieg zur Braunschweiger Hütte (Wasserfall-Variante)