Der Reiz des E5 – oder was mich über die Alpen trieb

Es gibt genug Gründe, mal eine Auszeit vom Alltag zu nehmen. Wenn es aber um etwas wie eine Alpenüberquerung geht merkt man schnell, dass die Personen, mit denen man darüber spricht, dazu neigen, einen tieferen Sinn in dieses Unterfangen hineininterpretieren zu wollen. Sei es, sich selbst zu finden, mit sich ins Reine zu kommen oder einfach dem Stress des Alltags einmal den Rücken zu kehren. Dabei gibt es einen viel treffenderen Grund dafür: Es ist ein großartiges Abenteuer!

Auf dem Weg zum Similaungletscher

Warum überhaupt zu Fuß über die Alpen?

Wer natur- und wanderbegeistert ist, wird erst recht ins Schwärmen geraten, wenn es nicht um Tageswanderungen geht, sondern um eine Hüttentour, die einen nicht jeden Abend wieder im Hotel einkehren lässt. Der Sonnenaufgang oben am Berg, ist genauso ein ganz besonderes Erlebnis, wie ein abendliches Belohnungsbier, während die letzten Sonnenstrahlen hinter dem nächsten Gipfel verblassen und einen roten Himmel zurücklassen. Die gesamte Atmosphäre in der Hütte ist geprägt von dem Geist, der die unterschiedlichsten Typen miteinander verbindet, von unkomplizierter Gemeinschaft und von extremer und absolut verdienter Ruhe nach einem anstrengenden Tag.

Für diese Erfahrungen braucht es aber noch längst nicht die Route quer über die Alpen. Was bei der Alpenquerung noch hinzukommt ist der Anreiz, sich selber ein sehr greifbares Ziel zu setzen und mit dem Antrieb, eine persönliche Hürde zu stemmen auf Tour zu gehen. Nebenbei ist die Route von ihrer Kulisse her eine sehr Schöne und Abwechslungsreiche und hat landschaftlich viel zu bieten. Die Eindrücke wechseln sich ständig ab, wenn man im Schritttempo vom sattgrünen Oberallgäu über teilweise karge Bergmassive und sogar Gletscher ins fast schon mediterran anmutende Südtirol läuft.

Ein weiterer Vorteil:  Die Route, sei es der klassische E5 oder einige seiner möglichen Varianten, ist auch für nicht ganz so Bergerfahrene durchaus zu meistern und gehört nicht zu den gefährlichen Wegen innerhalb der Alpen. Ganz unerfahren sollte man aber nicht sein oder dann zumindest nicht ohne erfahrene Begleitung losziehen. Je nach Kondition und Können lassen sich kritischere Passagen umgehen oder durch Alternativen überbrücken. Wer nicht den Anspruch hat, alles ohne Ausnahme zu Fuß zu machen, sondern den Genuss des Weges in den Vordergrund stellt, kann durchaus auch einzelne Etappen abkürzen, die sich vom Wandererlebnis her vielleicht etwas ziehen würden. Auch das zeitliche Fenster, das man benötigt, ist durch diese Variationsmöglichkeiten flexibel. Man kann den Weg in 6 Tagen machen oder 14 Tage einplanen, wenn man z.B. die Kaunergratvariante mit einbezieht (in dem Fall ist allerdings etwas mehr Bergerfahrung angebracht).

Je nach Kondition, Alter, Zeit und Charaktertyp lässt sich die Alpenquerung über den E5 in einer geführten Gruppe mit einer Alpinschule, in Gemeinschaft mit Wanderfreunden oder auch alleine als Sologänger planen und durchführen. Was für einen selber der richtige Weg ist, gilt es individuell im Vorfeld herauszufinden.

Warum ich nicht den originalen E5 bzw. die klassische Oberstdorf-Meran-Variante gehen wollte